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Stillprobleme und Stilljünger: warum Druck selten hilfreich ist

Unsere Stillprobleme
Es ist wirklich verrückt, Janosch wird nun schon 6 Monate alt (wo ist nur die Zeit geblieben??) und wir beginnen mit der Beikost! Damit geht auch so langsam das Kapitel „Stillen“ zu Ende und ich beginne zurückzublicken – auf eine Zeit mit vielen Hochs und Tiefs, auf wunderschöne Stillmomente aber eben auch auf massive Stillprobleme. Leider haben diese Probleme anfangs die Beziehung zwischen dem Bubele und mir dominiert und wir waren gefangen in einem Kreislauf von Motivation und Resignation, Trauer, Schmerz und einem Gefühl des Versagens.

Ich wollte immer stillen, das war mir schon zu Beginn der Schwangerschaft klar. Ich hatte mich richtig darauf gefreut, denn Stillen ist für mich etwas sehr Inniges und Besonderes zwischen einer Mutter und ihrem Kind und es war für mich auch nur natürlich, mein Kind mit meiner Milch zu versorgen. Um so härter traf es mich, dass es mit dem Stillen schon von Beginn an nicht so recht klappen wollte.

Jede Frau kann stillen, man muss es nur richtig machen?!?

Schon im Krankenhaus zeichnete sich ab, dass hier etwas nicht ganz rund läuft. Direkt nach der Geburt habe ich das Bubele angelegt, immer wieder, aber es wollte und wollte nichts kommen. Zu diesem Zeitpunkt hat sich noch keiner wirklich Gedanken darüber gemacht, denn das kommt ja durchaus öfter vor.
Am nächsten Tag kam jedoch noch immer nichts und bei Janosch stellte sich langsam aber sicher Hunger ein. Im Gegensatz zu den anderen Babies auf Station brüllte er die ganze Nacht und fand keine Minute zur Ruhe – wie auch, wenn der Magen in den Kniekehlen hängt. So ging es die nächsten beiden Nächte weiter, bis schließlich diverse ziemlich rabiate Hebammen und Krankenschwestern Janosch immer wieder bei mir angelegt haben, ohne Erfolg. Am folgenden Tag verweigerte er schließlich die Brust. Abends wurde er gewogen und hatte hier schon stark an Gewicht verloren. Zu viel nach Aussage des Kinderarztes. Mittlerweile kamen zwar einzelne Tropfen Kolostrum, es reichte aber bei weitem nicht, um selbst den kleinsten Babymagen voll zu bekommen. Für mich als Erstlingsmama ein Alptraum. Mein Baby schrie wie am Spieß rund um die Uhr und ich war völlig verzweifelt und hilflos. Ich wusste nur, dass mein kleiner Sohn dringend trinken musste.

Über Stillprobleme wollte zu diesem Zeitpunkt noch niemand sprechen und ich wusste eh schon nicht mehr wo mir der Kopf steht. Ich hatte mehrfach um Nahrung für den Kleinen gebeten, doch die Hebammen waren strikt dagegen. Ich weiß durchaus, dass Füttern mit der Flasche zu einer Saugverwirrung führen kann und ich verstehe die Hebammen ein Stück weit. Trotzdem hätte ich mir hier mehr Hilfe gewünscht, ein gemeinsames Gespräch und Erörterung des Problems zum Beispiel. So fühlte ich mich komplett alleine gelassen mit meinem hungrigen und weinenden Kind. Ich gebe zu, dass ich mich vorab auch nicht wirklich mit dem Thema beschäftigt hatte. Ich hielt es einfach nicht für nötig und wie viele Neu-Mamas drehte sich bei mir zunächst alles um die Schwangerschaft und die Geburt. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass das Stillen problematisch werden könnte.

Ich habe mich schließlich selbst entlassen. Das Mehrbettzimmer (die Familienzimmer waren alle belegt) und der durchgehend weinende Janosch haben mich so kurz nach der Geburt und ohne Chris an meiner Seite (nachts durfte er nicht bei uns bleiben) völlig aus der Bahn geworfen. Zuhause kam dann unsere Hebamme und erklärte mir das Gleiche: ich muss ihn nur richtig anlegen und das so oft wie möglich, dann kommt die Milch von alleine und Stillprobleme werden kein Thema mehr sein. Kurzum: ich habe angelegt wie verrückt, meine Brustwarzen haben unendlich geschmerzt und waren komplett wund und blutig, aber ich habe es immer wieder versucht. In meinem Hinterkopf hallten immer noch die Worte der Hebammen: jede Frau kann stillen. Wenn es bei mir nicht klappt, dann mache ich was falsch. Auch nicht gerade hilfreich waren zahlreiche Sprüche von außen, teilweise von völlig Fremden, die sich über die Fläschchen mokierten und mich mal mehr mal weniger direkt als schlechte und egoistische Mutter bezeichneten. Als hätten meine eigenen Vorwürfe nicht schon gereicht.

Stillprobleme – habe ich versagt?

Ab diesem Zeitpunkt begann eine Odyssee, die ich meiner kleinen Familie und mir gerne erspart hätte. Ich hatte meinen Milcheinschuss am 6. Tag, jedoch nur auf der linken Seite so richtig. Es soll ja Mütter geben, die damit problemlos eine schöne Stillbeziehung mit ihrem Kind führen können und voll stillen. Ich aber hatte auch hier viel zu wenig Milch, es reichte nicht für eine volle Mahlzeit. Es folgten Brustmassagen, diverse Pulver und Tabletten, Malzbier, Umschläge und viele Ratschläge inklusive Stillberatung und Stillambulanz – nichts konnte wirklich helfen und die Stillprobleme blieben. Wir saßen nach wie vor mit einem hungrigen und brüllenden Kind zuhause und waren am Ende mit unseren Nerven. Meine Hebamme meinte schließlich, dass selbst sie uns langsam mal eine Flasche empfehlen würde, damit wir alle wieder etwas zur Ruhe kommen. Unser zombieähnliches Aussehen hat ihr am Ende wohl doch Sorgen bereitet. Was will man auch von jemandem erwarten, der seit der Entbindung nicht mehr geschlafen hat?

Ich kann mich noch gut an die erste Flasche erinnern. Ich habe mein Baby gefüttert und dabei ganze Gebirgsbäche geweint. So verlief das Füttern auch die folgenden Tage. Bei jedem Fläschchen brachen bei mir alle Dämme. Ich fühlte mich wie der größte Versager, ich hatte es nicht geschafft mein Kind zu versorgen und mir selbst diese innigen Momente zwischen Mutter und Neugeborenen genommen. Auch der Blick auf mein nun endlich sattes und zufriedenes Baby konnte mir dieses Gefühl nicht nehmen.

Die Milchpumpe kommt zum Einsatz

Trotz Fläschchen wollte ich mich nicht so schnell geschlagen geben. Während ich ganz langsam meinen Frieden mit der Fertignahrung schließen konnte, habe ich angefangen abzupumpen. Erst mit der elektrischen Pumpe von Avent und dann mit der Symphony von Medela (gibt es auf Rezept in der Apotheke). Mein Ziel war es wenigstens eine Flasche täglich mit eigener Milch zu füttern. Zusätzlich habe ich Janosch nach wie vor oft angelegt und damit für Zwischensnacks gesorgt. Ich habe also meine beiden Mädels trainiert was das Zeug hält.
Tatsächlich trugen die Bemühungen Früchte und an manchen Tagen konnten wir die Fertignahrung auf 1- 2 Flaschen am Tag reduzieren. Auf diesem Level haben wir uns nun auch eingependelt. Ich muss ihn jedoch sehr häufig anlegen, da er nach wie vor nur kleine Mahlzeiten ergattern kann. Um hier mal Tacheles zu sprechen: an sehr guten Tagen habe ich mit beiden Seiten zusammen 100 ml abgepumpt. An schlechten Tagen waren es gerne auch mal nur 30 ml Gesamtmenge.

Wie schon oben erwähnt, haben das Bubele und ich mittlerweile eine schöne und einzigartige Stillbeziehung und unsere Stillprobleme spielen keine Rolle mehr. Wir haben uns als Team gut eingependelt. Trotzdem blicke ich wehmütig auf die ersten Wochen und Monate zurück. Anstatt die kostbaren Momente mit meinem Sohn zu genießen, habe ich mich in einen Strudel aus Selbstzweifel, Kritik und Druck ziehen lassen – sei es durch mich selbst oder von außen. Im Nachgang ärgere ich mich sehr darüber und kann allen Mamas nur ans Herz legen, sich nicht verrückt machen zu lassen und Stillprobleme nicht überzubewerten. Körper funktionieren nun mal nicht alle gleich und Standardaussagen, in denen auch gerne mal der ein oder andere Vorwurf mitschwingt, helfen weder Mama noch dem Kind. Genießt was ihr zusammen habt und macht das Beste daraus. Lasst euch von außen nicht unter Druck setzen, egal ob ihr stillen wollt und nicht könnt, voll stillt oder die Flasche gebt. Es ist eure Entscheidung und euer Körper und wie sagt man so schön: groß geworden sind sie noch alle.

Alles Liebe!

4 Comments

  • Karolina

    Juli 11, 2016 at 3:26 pm

    Ich glaube es gibt keine Frau die nicht ,,Stillprobleme“ hat. Bei der ersten Tochter habe ich nach 3Wochen abgegeben, sie konnte nicht trinken aus der Brust zur Zeit stille ich zweites Kimd seit 6 wochen und es sieht wie Tag umd Nacht.
    Ich bin kein Flaschenfan kein Stillfan, ich finde jede Frau muss psychisch und körperlich das beste aus der Situation machen. Die Mutter&das Kind sollten sich voll fühhlen egal ob Flasche oder Brtust angeboten wird.
    Lg Karolina

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  • Karolina

    Juli 11, 2016 at 3:29 pm

    PS. Und die alle ,“Besserwisse“ sollten auf die eigene Nase gucken;) ich glaube man sollte eine Frau die grade Kind bekommen hat, keine Frage stellten wie Stillst du??;)ich habe es gehasst…. Da konnte ich auf anhieb weinen;)

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  • Helena

    Juli 14, 2016 at 1:04 pm

    Da ich neu hier bin, erst mal ein „Hallo“ in die Runde 🙂 Da unsere Würmchen genau gleich alt sind, bin ich an diesem Blog hängen geblieben und bin schon auf weiteres gespannt:) Zum Thema Stillen: Auch wir haben sehr lange fürs Stillen gekämpft mit Pumpen, Zufüttern, Schmerzen, Hütchen usw. Nach langen 7 Wochen dann hat sich alles endlich ausgezahlt und wir stillen seither voll. Ich würde es jederzeit wieder tun und kann nur jede Mutti ermutigen, wenn die Kraft da ist (und vor allem die Zeit, mit dem 2./3. Kind wirds wahrscheinlich immer schwieriger), dem Stillen eine Chance zu geben. Gleichzeitig muss man aber auch akzeptieren, wenns halt dann doch nicht klappt. Jedoch rein aus Bequemlichkeit darauf zu verzichten, fände ich persönlich schade.

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    • Denise

      Juli 14, 2016 at 10:16 pm

      Hallo Helena!
      Schön, dass du hier bist! Das passt ja wunderbar, da werden wir uns sicher noch oft austauschen können.
      Da stimme ich dir absolut zu, dranbleiben ist sicher das A und O. Eigentlich müssen es ja beide ein Stück weit erst lernen, die Zeit sollte man sich auf jeden Fall geben – gerade wenn es etwas holprig ist am Anfang. Ich hoffe, dass betroffene Frauen sich nicht verrückt machen lassen und sich ganz auf sich und ihr Baby konzentrieren können. Das wirkt oft schon Wunder.
      Liebe Grüße!

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